Krimi Nr. 3: Betrug mit Identitätsklau

Achtung Kollegen und andere Lieferanten: Aktuell ist wieder einmal ein Betrüger unterwegs, der sehr geschickt vorgaukelt, für eine große britische Supermarkt- und Onlineversandfirma einzukaufen.

Der Betrüger gibt sich als David Jones von der Firma Waitrose Ltd. in Großbritannien aus.

Anruf aus London

Anrufe aus dem Ausland sind bei uns nicht so selten, dass sie wirklich auffallen. Da diese Telefonate im Zeitalter von Internettelefonie und günstigen Weltweit-Tarifen nicht viel mehr als Anrufe in verschiedenen Mobilnetzen kosten, rufen auch ausländische Kunden gelegentlich einmal an.

Der Anrufer aus London vor ein paar Tagen hatte Hans-Jakob an der Strippe; die Herren tauschten sich über verfügbare Rebsorten aus und einigten sich zunächst einmal darauf, dass der Interessent sein Anliegen per Email schickt, womit er dann automatisch bei mir landete.

Email, woher kommst Du?

Schreibweise und Stil der Email waren nicht wirklich geschäftsmäßig, zuviel Gelaber über die Vorzüge der eigenen Firma, die ein Kunde normalerweise einem möglichen Lieferanten gegenüber nicht aufzählen würde.

Ein Blick auf den Absender: Die Email-Absenderadresse passte nicht zur URL der angeblichen Firma. Dass ein Einkäufer mit einer Fremd-Emailadresse für seine Firma einkauft, mag in manchen fernöstlichen Ländern gang und gäbe sein; im Vereinigten Königreich halte ich dieses Vorgehen eher für suspekt.

Ein weiterer Blick in den normalerweise verborgenen Headerbereich der Email zeigte, dass sie zumindest – wie angegeben – tatsächlich aus London kam.

Firmencheck: Wer oder was ist Waitrose?

Die Webseite der Supermarktkette war leicht zu finden. Gibt man den Namen des angeblichen Absenders zusätzlich in der Internetsuche ein, findet man zahlreiche Treffer, denn der echte Mr Jones hat bei Waitrose eine leitende Funktion … für meinen Begriff ist der Gute allerdings viel zu hoch in der Hierarchie angesiedelt, als dass er bei einem Weinlieferanten Angebote einholen würde.

Über die Kontaktseite von Waitrose konnte ich schnell eine Support-Emailadresse finden, an die ich die von “Mr Jones” erhaltene Email weiterleitete mit der Bitte um Klärung der Echtheit.

Verifizierung: Nicht authentisch!

Waitrose reagierte schnell: Schon am nächsten Tag hatte ich eine kurze Bestätigung, dass die fragliche Email – ganz wie erwartet – keinesfalls aus deren Haus stammte. In einer weiteren Email wurde ich ausführlicher informiert, dass in der jüngeren Vergangenheit ein “Fraudster” – oder wahrscheinlich sogar eine ganze Gruppe solcher, die Waitrose als “highly organised” beschreibt – unter Missbrauch des Firmennamens und der Umsatzsteuer-ID schon seit einigen Wochen europaweit sein/ihr Unwesen treiben.

Leider sind anscheinend schon etliche Lieferanten auf diesen miesen Trick hereingefallen und haben Ware losgeschickt, die nun wohl auf Nimmerwiedersehen verschwunden und unbezahlt bleiben wird.

Und jetzt?

Noch weiß “Mr Jones” nicht, dass ich seine Email weitergeleitet habe, und dass er als Betrüger erkannt ist. Vorhin kam eine weitere Email herein, in der er verfügbare Liefermengen anfragt. Wie ich darauf reagieren werde, muss ich mir noch überlegen – wahrscheinlich setze ich seine Emailadresse einfach auf die “schwarze Liste” und blockiere damit alle weiteren Korrespondenz.

Auf jeden Fall werde ich die Informationen an die Britische Polizeidienststelle für Action Fraud, die Waitrose mir genannt hat, weiterleiten. Eine Warnung auf Facebook ist bereits online, das DWI wird die Infos ebenfalls erhalten.